Im Jahre 2003 wird Graz die Kulturhauptstadt Europas. Diese Auszeichnung basiert hauptsächlich auf einem ungewöhnlich harmonischen und historisch intakten Gesamtbild der Handelsstadt an der Mur. Landschaft und Stadt bilden ein Ensemble. Die Modernität wird im Zuge der Kulturhauptstadtwerdung in Form von einigen futuristisch anmutenden Neubauten als Kontrapunkt in die historische Altstadt und an das Flussgestade eingestreut.
Der vorliegende in den Jahren 2004 bis 2006 realisierte Entwurf am Lendplatz versteht sich eher als Fortsetzung einer bereits vorhandenen Gefühlslage. Zumal der Lendplatz, zusammen mit Hauptplatz und Griessplatz und dem freien Blick auf den Schlossberg ein Gedächtnisgerüst der Einwohner bilden und kaum mit »gewagten«, »futuristischen« oder eben »modernen« Ansätzen aufzufrischen ist. Die typischen Grundrissformen der Grazer Plätze gleichen eher trichterförmig erweiterten Straßen mit der Möglichkeit, Handel und Begegnung im abwechslungsreichen Spiel zwischen engen Gassen zu intensivieren.
Die Realisierung der Hotelenlage entstand auf der Suche nach vorhandenen Grazer Eigenschaften aus einem weitreichenden Zyklus von über hundert Skizzen und Zeichnungen. Die Skizzen zu den Fassaden und der Hofanlage durchlaufen in Analogie zur Stadtgeschichte von der Antike bis zu der letzten namhaften Stadterweiterung des 19. Jahrhunderts viele Ansätze des Denkbaren. Der gebaute Entwurf schlussendlich sieht eine klosterförmige Hofbebauung und eine ungewöhnliche, aber in Graz des 19. Jahrhundert häufig anzutreffende Fassadengestaltung in Beige und Hellblau vor.